Ich hatte meine erste Tantramassage 2015 und ich erinnere mich noch sehr gerne an dieses Erlebnis. In solchen Dingen war ich schon immer spontan. Das heißt: Ich rief mittags an und bekam abends direkt einen Termin. Was die Suche des Studios angeht, hatte ich Glück: Ich habe intuitiv einen Ort ausgewählt, der gut zu mir gepasst hat. In diesem Beitrag möchte ich dir einige Tipps geben, wenn du dich für eine Tantramassage interessierst.

Die Auswahl des Studios

Im Tantra-Bereich gibt es eine große Bandbreite von Anbieter*innen. Wenn ich mir Studios anschaue, achte ich auf folgende Gegebenheiten:

  • Eine professionelle, gut strukturierte Webseite
  • Keine aufreizenden Bilder, keine klassische Erotik
  • Achtsame Sprache
  • Portraits der Masseur*innen mit Auflistung der jeweiligen Ausbildung
  • Mitgliedschaft im TMV (Tantramassage-Verband e.V.)
  • Infos zum Ablauf der Massage
  • Feedbacks von Klient*innen
  • Für mich persönlich sehr wichtig: wenig Esoterik

Djure Meinen, ein Masseur, dem ich auf Twitter folge, hat diese Seite ins Spiel gebracht, um eine*n Masseur*in zu finden.

Beim telefonischen Erstkontakt mit dem Studio finde ich es wichtig, dass ich das Gefühl habe, ernst genommen zu werden. Die wenigsten Menschen gehen völlig frei von Bedenken und Ängsten in eine Massage und diese Themen sollten genügend Raum während des Telefonats bekommen. (Ursprünglich wollte ich eine Paar-Massage mit meinem damaligen Partner machen. Davon wurde mir abgeraten und die Studio-Inhaberin erklärte mir in Ruhe, warum sie mir das als Anfängerin nicht empfiehlt. Das fand ich sehr authentisch.)

Mann oder Frau?

Für mich war immer klar: Ich möchte von einer Frau massiert werden. Selbst heute ist das noch so (zumindest was ein professionelles Setting angeht). Ich brauche für dieses spezielle Erlebnis einen geschützten Raum, in den ich nur »Mit-Schwestern« hineinlassen möchte. Ich kann dir an dieser Stelle nur eines raten: Hör auf dein Gefühl! Setz dich nicht unter Druck, weil du eine bestimmte sexuelle Orientierung hast. Es ist deine Massage und somit deine Entscheidung.

Typische Bedenken

Zu Beginn hatte ich einige typische Bedenken: Was erwartet mich? Was, wenn die Chemie zwischen der Masseurin und mir nicht stimmt? Was, wenn ich mittendrin merke, dass es doch nichts für mich ist? Was, wenn ich keine Erregung spüre oder (k)einen Orgasmus habe? Was, wenn der Masseurin mein Körper nicht gefällt?

Die Kurzfassung: Keine dieser Sorgen hat sich bewahrheitet!

Jede*r von uns wächst mit sexuellen Skripten auf, die sich in den oben genannten Bedenken wiederspiegeln. Was eine Tantramassage für mich so schön macht: Sie zeigt mir, dass diese Skripte nur eine Möglichkeit von vielen sind. Sicherlich kostet es am Anfang Mut, sich körperlich und mental zu öffnen. Du kannst jedoch immer abbrechen oder darüber sprechen, was in dir vorgeht – und zwar ohne dass auf der andere Seite jemand sitzt, der*die enttäuscht ist. Die Massage ist ein erwartungsfreier Raum. Jedes Gefühl und jede körperliche Reaktion sind willkommen. Die Angst, »falsch« zu sein, wurde bei mir abgelöst durch das tiefe Vertrauen, dass ich gut aufgehoben und mit all meinen Emotionen genau »richtig« bin.

Tantra-Masseur*innen sehen tagtäglich eine große Bandbreite an Körpern und sie sind dafür ausgebildet, jedem Körper adäquate Berührungen zukommen zu lassen. Der gesellschaftliche Zwang zu sexueller Attraktivität und Sexyness bleibt vollkommen außen vor.

Der Ablauf

Nach der persönlichen Begrüßung an der Tür führte meine Masseurin ein Vorgespräch mit mir. Darin ging es um bisherige Erfahrungen, meine Motivation, körperliche Einschränkungen, Tabu-Bereiche usw.
Ich ermutige dich ausdrücklich, hier vollkommen ehrlich zu sein. Kommuniziere deine Grenzen, deine Ängste und was dich an diesem Tag sonst beschäftigt.

Nachdem ich über meine Situation gesprochen hatte, gab mir die Masseurin S. einige Tipps, wie die Massage für mich angenehm wird. Eine wichtige Rolle spielt beispielsweise der Atem. S. sagte mir, dass sie mich fragen würde, bevor sie in meine Yoni eindringt. Wenn etwas unangenehm oder schmerzhaft für mich sei, soll ich ihr das signalisieren.

S. schickte mich unter die Dusche und mit einem Sarong bekleidet kehrte ich zurück in den Massageraum. (Es wird penibel darauf geachtet, dass du keinem anderen Gast begegnest.) Dort begann sie mit einem Verehrungsritual. Das war sehr ungewohnt für mich, denn sie verneigte sich vor mir. Ich durfte mich an sie anlehnen, sodass sie mich körperlich auffangen und für die weitere Massage platzieren konnte. Ich wurde am ganzen Körper berührt, gestreichelt, liebkost – bis ich mich so richtig warm fühlte. Was ich sehr mochte: Die Massage war trotz aller Entspannung sehr dynamisch. S. wechselte immer wieder meine Position.

Sie lockerte meinen ganzen Körper Zentimeter um Zentimeter auf. Ich musste mich um nichts kümmern. Sie berührte intensiv Stellen, die ich sonst nicht beachte und diese Empfindungen waren einfach nur angenehm und weich. S. spürte sehr gut, wann ich bereit war und dann massierte sie auch meine Yoni von innen. Ich hätte nie gedacht, eine mir bis dahin unbekannte Frau so schnell so nah an mich heranzulassen oder besser gesagt: in mich hinein zu lassen. Es gab kein Denken mehr. Alles war klar. Es war so intensiv, dass ich vor Freude gleichzeitig lachen und weinen musste.

Orgasmus – ja oder nein?

Es geistern ja alle möglichen Mythen über Tantra umher. Unter anderem die Annahme, man dürfe keinen Orgasmus haben. Sicherlich kann das eine mögliche Herangehensweise bzw. ein möglicher Ausgang einer Massage sein. Um es jedoch mit einem passenden Zitat auszudrücken:

Das Tantrische in Bezug auf den Orgasmus ist nicht die Unterdrückung der Ejakulation. Die Lenkung der sexuellen Energie dagegen kann erwünscht sein und unterstützt werden. Das Verhältnis der Männer und Frauen zu Ejakulation ist allein deren Sache und wird ebenso respektiert wie alles andere.

Quelle: Webseite des TMV

Vor meiner Massage hatte ich mich gefragt, ob ich einen Orgasmus haben würde. (Auch wenn das nicht mein Ziel war.) Im Nachhinein wusste ich gar nicht so genau, was das war. Ich habe nicht wild gezuckt wie sonst, sondern ich war ganz ruhig. Es war mehr ein innerliches Fließen und Auflösen. Ein Orgasmus ohne »Arbeit«, ohne auf jemand anderen achten zu müssen und ohne darüber nachdenken zu müssen, wie man gerade aussieht.

Fazit

In mir bereitete sich ein sattes, genährtes Gefühl aus, dem ich nach der Massage in Ruhe nachspüren durfte. Nach einer erneuten Dusche führten wir ein Abschlussgespräch. Ich schilderte, wie es mir ging und was die Massage in mir ausgelöst hatte.

Nach dieser Massage vor fünf Jahren habe ich begonnen, mich mit Tantra zu beschäftigen. Für mich war das eine Art Augenöffner für eine neue Welt und einen anderen Ansatz, einander nahe zu sein. Diese Reise ist noch lange nicht zu Ende. Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Beitrag einen guten Einblick in das Thema Tantramassage geben.

Weiterführende Links und Bücher

Ein Erfahrungsbericht über die erste Tantramassage und ein Text über eine Tantramassage bei derselben Masseurin rund zwei Jahre später

Unter Nackten: Tantra und die Suche nach Veränderung – Beitrag im WDR

Buch Yoni-Massage von Michaela Riedl

Buch Lingam-Massage von Michaela Riedl und Jürgen Becker

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Diskussion

  • Kommentatoren-Avatar
    Karsten Kalbe — 8. Februar 2021 um 14:41

    Ich hätte es nie gedacht, aber wenn in diesem Jahr irgenwann mal etwas möglich sein wird, dann denke ich möchte ich das unbedingt ausprobieren. Denn es klingt unbeschreiblich.
    Dein Blog ist toll und ich lese mich gerade langsam durch und mag was Du schreibst. Viel was ich lernen kann, vieles sehr aufregend und toll geschrieben. Danke.

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