Nun bin ich an der Reihe, einen Beitrag für die SM-Blogparade zu schreiben. Das Thema lautet Erniedrigung und als ich das hörte, kam mir sofort die folgende Geschichte in den Sinn …

An einem Abend vor wenigen Wochen verabredete ich mich mit meinem Sub Julien in einem Swingerclub, um dort zu spielen. Der Besitzer hatte ein eindeutiges Fetisch-Motto angesetzt. Daher passte das ganz gut.

Julien trug brav sein Halsband und an der Bar akklimatisierten wir uns zunächst etwas. Das hieß: ein schönes Glas Sekt zum Anstoßen.

Als Vorbereitung für den Abend hatte ich ihm vier Sklavenstellungen gegeben, die er einüben sollte. Als ich innerlich „angekommen“ war, sah ich ihm tief in die Augen und sagte: Anbieter.

Julien verstand sofort, schnappte sich ein Handtuch und positionierte sich auf dem Boden. Ich genoss in aller Ruhe den mir dargebotenen Anblick. Mein lieber Sub führte diese Anweisung perfekt aus.

Schräg gegenüber von mir saß ein machohaft anmutender Typ, der verächtlich den Kopf schüttelte. Irgendwann murmelte er: „Nicht ernsthaft?“

Ein sehr heikler Moment. Jemand vollkommen Fremdes mischt sich durch seine Kommentare in unser – nein, in mein – Spiel ein. Ich bin die Dom. Mein Sub hat sich in meine Hände begeben und es ist in diesem Fall meine Aufgabe, solche Angriffe von außen zu unterbinden.

Ich dachte mir meinen Teil. Schon öfter hatte ich das folgende Gefühl: Den wahren Kern eines Mannes erkennst du dann, wenn er mit männlicher Submission konfrontiert wird. Verachtet er sie oder respektiert er sie?

Den Männern, die nicht damit umgehen können, wenn beispielsweise ein Mann in Frauenkleidern auf einer Party auftaucht, muss ich leider die Tür zeigen. Sie müssen das nicht gut finden. Meinen persönlichen Geschmack trifft das auch oft nicht. Trotzdem stelle ich mir bei verächtlichen Reaktionen die Frage: Warum hast du es so sehr nötig, dich von diesem anderen Mann und dessen Verhalten abzugrenzen? Steht das, was du bist, auf einem solch fragilen Fundament, dass du jedem im Raum mitteilen musst, dass du nicht so bist?

Ich ging zwei Schritte auf Julien zu, sodass er den Kopf an mein Bein anlehnen konnte. Er spürte meine Präsenz, mit der ich wortlos vieles ausdrückte:

Du bist so unendlich viel stärker als der Macker, der uns gegenüber sitzt.

Du wagst den Schritt, stehst zu deinen Bedürfnissen und kniest hier vor mir nieder, weil es an diesem Abend nichts schöneres für dich gibt.

Du machst deine Männlichkeit nicht davon abhängig, ob du aktiv oder passiv bist.

Julien atmete durch. Er entspannte sich.

In der Interaktion mit einem Sub geht es darum, Energien wahrzunehmen und mit ihnen zu spielen. Angst baut viel Energie auf und ich muss spüren, wann der Peak kommt und wann ich wieder Energie rausnehmen muss. Dieser Angriff von außen war so ein Moment. An Juliens Atem konnte ich förmlich spüren, wie sich alles wieder nivellierte.

Ich gab ihm das Signal, dass er sich locker machen und aufstehen durfte.

„Wir gehen nun in den Playroom.“

Weil es sich bei Julien um ein sehr wohlerzogenes Exemplar handelt, nahm er das Handtuch, das wir als Unterlage benutzt hatten, und unsere Gläser und räumte es an die dafür vorgesehen Plätze. Mit solchen vermeintlichen Kleinigkeiten macht man(n) mich sehr glücklich.

Ich holte derweil die Tasche mit meinem Equipment und richtete mich im Playroom häuslich ein. Die Utensilien, die ich schnell bei der Hand haben musste, stellte ich auf einen Hocker in Hüfthöhe. Die Utensilien, mit denen ich Julien überraschen wollte, ließ ich in der Tasche. Meine Schlagwerkzeuge hing ich an die Haken an der Wand. Mit diesen Vorbereitungen stimmte ich mich ein. Das ist mein ganz persönliches Ritual. Manche FemDoms lassen das von ihren Subs erledigen, aber dazu bin ich zu pedantisch.

Wir begannen langsam mit dem Anlegen eines Keuschheitsgürtels (KG), dessen Schlüssel ich in meinen BH steckte.

Ich schnippte auf seine Schwanzspitze. „Dein Schwanz sabbert ja schon wieder.“

Er nickte beschämt.

„Was machen wir denn da? Wir können ja nicht den ganzen Raum mit Handtüchern auslegen.“

Ich lief zu meiner Tasche und kramte eine kleine Überraschung hervor: einen rosafarbenen Spitzenstring.

Nachdem ich Julien gesagt hatte, er solle die Augen schließen, zog ich ihm den Slip an.

„Und damit landet dein Schwanz-Gesabber immer im Höschen. Wie praktisch.“

„Ja, Herrin. Danke Herrin.“

Danach dirigierte ich ihn zum Kreuz und startete mit dem händischen Aufwärmen seinen Arschs. Ein Arsch, der durch den String einen sehr femininen Touch bekam, was ich diabolisch lächelnd zur Kenntnis nahm.

Die Zuschauer, die wir angelockt hatten, interessierten mich nicht.

Als ich das Gefühl hatte, Julian wäre bereit für mehr, wechselte ich zum Flogger. Beim ersten Ausholen, erblickte ich aus dem Augenwinkel den Macker. Er stand in Baumwollschlüpfer und aufgeknöpftem Hemd daneben.

An seiner Position konnte ich erahnen, dass er keine Ahnung hatte, was gleich passieren würde und diese Tatsache nutzte ich umgehend aus.

Mit strengem Ton fragte ich ihn: „Stehst du hier an?“

„Wie anstehen?“

„Naja, Menschen kommen zu mir in diesen Raum, um geschlagen zu werden. Ist das bei dir der Fall?“

Er nuschelte irgendetwas.

Noch strenger (und trotzdem sehr ruhig und höflich) sagte ich: „Ich habe dich nicht verstanden. Drück dich bitte deutlich aus, wenn du etwas von mir möchtest.“

Er: „N-nein. Ich will n-nicht geschlagen w-werden.“

Innerlich musste ich da schon schmunzeln. Der Macho, der mit großen Gesten durch den Club stolziert und nach einer deutlichen Ansage plötzlich die Fassung verliert. Versteht das nicht falsch: Menschen bloßzustellen ist nicht meine Art. Jeder Mensch hat Schwachpunkte, die er durch sein Verhalten offenbart. Wenn sich jemand jedoch ohne Grund meinem Sub und mir gegenüber verächtlich zeigt, weckt er die Bestie in mir. Genau das hat der Macker getan. Mein strenger Ton war daher nur die Retourkutsche.

Ich: „Wenn du nicht geschlagen werden willst, solltest du mir aus dem Weg gehen. Ich fange nämlich jetzt an und wenn du da stehen bleibst, landet der Flogger direkt in deinem Gesicht.“

Er tippelte von dannen.

Das ist der große Nachteil, wenn du in einem Swingerclub spielst: Die (Stamm-)Gäste haben keinerlei Bewusstsein für die Gestaltung einer Session und vor allem nicht für den Platz, den man dafür benötigt. Als ich (passiv) mit jemandem gespielt habe, habe ich es schon erlebt, dass sich ein Typ einen halben Meter neben mich stellte und an der Schulter streichelte. Wie du eine Session innerhalb von zwei Sekunden zerstörst – oder so ähnlich.

Den ungebetenen Gast hatten wir erst mal verjagt und die übrigen Zuschauer gingen nach dieser Konversation alle ein paar Schritte zurück. Sehr gut.

Julien und ich spielten munter weiter. Es ergaben sich tolle Dynamiken, auf die ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen will. Ich tobte mich aus – das muss als Info reichen.

Als ich fertig mit ihm war, ließen wir uns an der Bar nieder und er brachte mir mein favorisiertes Getränk. Der Macker war auch nicht weit. An seinem Blick konnte ich erneut sein absolutes Unverständnis über mein bzw. unser Verhalten erkennen.

Wie konnte ich nur? Warum zeigte ich keinerlei Interesse an ihm, dem Alpha-Männchen, sondern beschäftigte mich lieber zwei Stunden mit einem unterwürfigen Mann?

Verrückt, nicht wahr?

Aber das, meine Lieben, ist eine sehr spezielle Form der Erniedrigung, die ich nur denjenigen gegenüber ausdrücke, die mich bis aufs Blut reizen. Und es ist zugleich die wohl härteste Form der Erniedrigung, weil sie ungefiltert und echt ist. Ganz ohne Session. Ganz ohne BDSM.


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