Aus Interesse meldete ich mich zu einer Lesung über FLR (Female led relationship) an. Selbst wenn dieses Konzept nicht meinen Vorstellung einer erfüllten Beziehung entspricht, so veränderte sich doch etwas in mir. Ich begann, anders über weibliche Dominanz zu denken. Bisher war ich da sehr in meinen eigenen Klischees gefangen: bizarre, unweibliche Dominas und unterwürfige Männer mit leichtem Dachschaden.

Die Dame, die die Lesung hielt, hatte jedoch eine dermaßen weiblich-kraftvolle Ausstrahlung. Wie passte das jetzt zusammen? Musste ich meine Klischees etwa einem Realitätscheck unterziehen?

Ja! Genau das tat ich in den kommenden Wochen. Gehen wir zurück zum Zeitstrahl …

Wir waren bei meinen Gedanken über Ann (aus dem Buch) stehengeblieben. Unsere pietistische Gesellschaft möchte uns gerne in dem Glauben lassen, es sei manchmal besser, wenn Phantasien Phantasien blieben. Denn wo kämen wir hin, wenn alle Menschen nach ihrer Fa­çon leben würden? Alles würde in sich zusammenbrechen! Dieser Auffassung bin ich nicht. Solche Denkmuster verhindern meiner Meinung nach sehr rigoros ein freies und selbstbestimmtes Leben. Wenn du auf etwas Bock hast, tue es. Wenn es nicht geil war, kannst du nur etwas über dich selbst lernen. Wenn es geil war, ist es das beste Gefühl überhaupt. Fazit: Du erweiterst deinen Horizont, wenn du dich auslebst. Nach dieser Maxime lebe ich.

Die folgenden Ereignisse überschnitten sich zeitlich und es gibt keinen klaren Punkt, an dem mir klar wurde: Marie, du bist dominant.

Anfang des Jahres besuchte ich eine Domina, die mir zeigte, was sie den ganzen Tag so macht. Bei dieser Dame bin ich mittlerweile alle paar Wochen zu Besuch.

Was ich aus der Zeit in ihrem Studio mitnehme: Meine Klischees über dominante Frauen haben nicht viel mit der Realität zu tun und nichts ist, wie es auf den ersten Blick aussieht. Ich bin mittlerweile der Auffassung, dass eine fundierte Einschätzung bestimmter Themen erst möglich ist, wenn man wirklich hautnah dabei war. Dokumentationen im Fernsehen, Bücher, Debatten – all das sind nur ein Abklatsch dessen, was man erlebt, wenn man etwas tatsächlich tut.

Ein weiterer Meilenstein war sicherlich der Kauf meiner Gerte. Kurz darauf versohlte ich einem Sub damit den Arsch. Ein wahnsinnig gutes Gefühl. Auf meinem Joyclub-Profil änderte ich meinen Status zu „Switcher“ und vor allem innerlich war bei mir vieles in Bewegung.

Meine Dominanz anzunehmen hatte auch viel damit zu tun, mich umfassend mit meiner sexuellen Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Wenn ich die Anweisungen eines Doms nicht befolgen konnte oder wollte, bekam ich immer Schuldgefühle. Es löste jedes Mal ein nagendes Gefühl des Nicht-richtig-Seins aus. Oder umgekehrt: Ich war in lustvoller Stimmung, schrieb Dom und er kam mit einem Orgasmusverbot daher. Entweder war ich zu viel oder ich war zu wenig.

Langsam war es an der Zeit, endlich mal Marie zu sein.

Mein „Fehler“ (selbst wenn ich es nicht gerne so nenne): Ich schaute zu sehr nach außen und vernachlässigte das, was sich in mir abspielte, wenn ich mich in einer Session befand. Das meinte ich mit „sexueller Persönlichkeit“: Ich brauche ein ungeheures Maß an Freiheit und einen großen Gestaltungsspielraum. Alle Entscheidungen, die mich selbst betreffen, möchte ich selbst treffen. Ich brauche keinen Mann, der mir Leitplanken vorgibt, weil ich viel zu impulsiv für so etwas bin und das nur Trotz bei mir hervorrufen würde. Ich brauche jemanden, der mich machen lässt. Wenn ich spüre, dass jemand dazu fähig ist, ohne sich eingeschüchtert zu fühlen, ist wiederum vieles möglich – von Arsch versohlen bis Arsch versohlt bekommen.

Und – bevor hier diese Einwände kommen – wenn alles immer ganz offen und frei ist, ist es für mich kein BDSM bzw D/s mehr. Selbst wenn das manche Romantiker-Doms so sehen. BDSM lebt genau von dieser Führung und diesen Leitplanken.

Zurück zu meiner Entwicklung: Meine erste FemDom-Party bei den Dominas stand an und das brachte mir eine Art von Spaß, die ich bis dato nicht kannte. Diese Frauen faszinierten mich: ihr Habitus, ihr subtiles Spiel, die Art, wie sie das Machtgefälle fast unbemerkt aufbauen. Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass ich anfangs sehr unsicher war. Beim nächsten Besuch war diese Unsicherheit jedoch vollständig verflogen. Ich suchte liebreizende Spitzenhöschen für einen Sklaven aus, ließ mir die Füße massieren und allerlei mehr. Die Stunden im Studio beflügelten mich.

(Fortsetzung folgt)

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Metamorphosen III
Metamorphosen V

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